Die Träume der Abwesenden
Eine Trilogie («Leas Hochzeit» – «Heftgarn» – «Simon») von Judith HerzbergEine Trilogie («Leas Hochzeit» – «Heftgarn» – «Simon») von Judith Herzberg
2 Pausen
Trailer
Dauer ca. 5 Stunden
1. Teil ca. 1 Stunde, 40 Min.
30 Min. Pause
2. Teil ca. 1 Stunden, 12 Min.
30 Min. Pause
3. Teil ca. 1 Stunde, 5 Min.
Ausgezeichnet mit dem AZ Stern des Jahres 2021
«Meine Erinnerungen drehen sich um die Zukunft. Ich erinnere mich an alles, was noch geschehen wird.»
Judith Herzberg zeichnet in ihrer Trilogie mit feinem Humor und leichter Hand das Porträt einer jüdischen Großfamilie aus Amsterdam zwischen den 1970er-Jahren und der Jahrtausendwende. Es ist eine Chronik der Gefühle und verwickelten Beziehungen. In einem Reigen über drei Generationen hinweg wird geheiratet, werden Kinder gezeugt, finden Trennungen statt, wird sich neu verliebt – und wieder geheiratet. Nach außen hin führen die Familienmitglieder und ihre Freund*innen das alltägliche Leben ihrer Zeitgenoss*innen, und wenn sie sich bei Hochzeiten oder Begräbnissen treffen, wird geredet, getanzt, geliebt und gestritten. Doch ganz beiläufig und unvermittelt zeigen sich hinter der fröhlichen Fassade Einblicke in ein verwundetes Seelenleben. Es sind die Geschichten von Überlebenden des Holocaust und ihrer Nachkommen, in deren Körper sich die Traumata der Verfolgung und Shoah tief eingeschrieben haben. Sich von der Vergangenheit zu lösen, scheint unmöglich, und wie ein unsichtbares Vermächtnis werden die Bilder und Erinnerungen von einer Generation zur nächsten weitergegeben. Aber trotzdem geht ihr Leben weiter, sie tanzen, lieben, heiraten aufs Neue und bleiben dabei unentwegt auf der Suche nach einem Neuanfang.
Die Lyrikerin und Dramatikerin Judith Herzberg, geboren 1934 in Amsterdam, überlebte als Kind den Holocaust bei einer «Kriegsmutter» auf dem Land. Sie wurde für ihr literarisches Werk mehrfach ausgezeichnet, zuletzt mit dem höchsten Preis für niederländische Literatur. Stephan Kimmig ist ein langjähriger künstlerischer Wegbegleiter von Judith Herzberg und ihrem groß angelegten Schreibprojekt. Für «Die Träume der Abwesenden», Stephan Kimmigs erste Arbeit am Residenztheater, hat sie darüber hinaus den Monolog «Die Linkshändigen» zur Verfügung gestellt, der im Rahmen der Trilogie uraufgeführt wird.
«DIE TIEFE KOMMT GRATIS»
Über die niederländische Autorin Judith Herzberg und ihre Stücktrilogie «Die Träume der Abwesenden»
Judith Herzberg reiste Ende September 2021 mit dem Nachtzug aus Amsterdam nach München, denn sie fliegt nicht mehr gerne, um der Generalprobe und der Premiere von «Die Träume der Abwesenden» beizuwohnen. Unter diesem Titel hat der Regisseur Stephan Kimmig drei ihrer Stücke zu einem großen Familienepos zusammengefasst: «Leas Hochzeit», «Heftgarn» und «Simon». Geschrieben hat sie diese über zwei Jahrzehnte hinweg. Sie begleitet darin ihre Figuren, eine jüdische Großfamilie und deren Freundeskreis, in einem Zeitraum von Anfang der 1970er- bis Ende der 1990er-Jahre.
Erinnerung und Vermächtnis
Die Uraufführung von Alfred Neumanns Roman «Es waren ihrer sechs» führt die programmatische Linie weiter, die mit Judith Herzbergs Stücktrilogie «Die Träume der Abwesenden» zu Beginn der Spielzeit gesetzt wurde: Es geht um Erinnerung und Vermächtnis; darum was Erinnerungskultur bis heute leistet und wie sie künftig aussehen kann. Der bewusste Wille zum Vergessen, der Wunsch nach einem Schlussstrich wird zusehends lauter formuliert und die nur noch wenigen lebenden Zeitzeugen immer weniger gehört.
Zur Autorin Judith Herzberg
Judith Herzberg wird am 4. November 1934 in Amsterdam als Tochter des Rechtsanwalts und Schriftstellers Abel Jacob Herzberg und seiner Frau Thea Loeb-Herzberg geboren. Die Besatzungszeit während des Zweiten Weltkriegs verbrachte sie versteckt bei nichtjüdischen Pflegeeltern auf dem Land. Ihre Eltern überlebten das Konzentrationslager Bergen-Belsen und kehrten nach 1945 wieder in die Niederlande zurück. Judith Herzberg gilt als eine der bedeutendsten und wichtigsten Lyriker*innen und Theaterautor*innen der Niederlande. Ihre erste Arbeit publiziert sie 1961 in der Wochenzeitschrift Vrij Nederland. 1963 veröffentlicht sie mit «Zeepost» ihren ersten Gedichtband, dem weitere folgen. 1972 erscheint ihr erstes Theaterstück «Die Tür stand offen». Außerdem schreibt sie Drehbücher zu Filmen, darunter 1981 «Charlotte S.» über das Schicksal der jüdischen Malerin Charlotte Salomon, wofür sie 1981 den Bayerischen Filmpreis erhält. Zahlreiche ihrer Werke beschäftigen sich mit dem Thema Holocaust, darunter das mehrfach verfilmte Stück «Leas Hochzeit» (1982), das zusammen mit «Heftgarn» (1996) und «Simon» (2002) eine Trilogie bildet. Für ihr Werk wurde sie vielfach ausgezeichnet. Zuletzt erhielt sie 2018 den Prijs der Nederlandse Letteren (Preis der Niederländischen Literatur), den wichtigsten Literaturpreis der Niederlande. Herzberg lebt in Amsterdam und Jerusalem und ist bis heute politisch engagiert.