Der Entrepreneur
von Kevin Rittbergervon Kevin Rittberger
Keine Pause
Trailer
«Ruinös und schön die letzte Welt»
«Nach der Finanzkrise ab 2007 wurde schon einmal das Ende des Eigentums verkündet. Gekommen ist es nicht, wohl aber die nächste Krise und die übernächste. Dennoch gibt es das mal schleichende, mal grassierende Phänomen einer weißen Fragilität, das anzeigt, dass der Status quo nicht zu halten ist. Und so finden sich tatsächlich auch Typen, die alles verschenken und dabei ihre Nächsten durchaus vor den Kopf stoßen. Und, nein, das ist kein schlechtes Wetter, das ist das Klima.» Kevin Rittberger
Während der Begriff «Syndikat» im deutschen Wirtschaftslexikon einen Unternehmenszusammenschluss zur Verbesserung der Absatzchancen ähnlich dem eines Kartells bezeichnet und eine deutlich kriminelle Konnotation hat, ist es im Spanischen und Französischen ein Wort für Gewerkschaft. Dieses Spektrum an Auslegungen löst auch der titelgebende Entrepreneur aus, der die Besinnung im Lockdown genutzt hat, um aus seiner Traditionsfirma besagtes Syndikat zu machen, ein Unternehmen, das allen Mitarbeitenden zu gleichen Teilen gehört und Hierarchien weitestgehend abschafft. Während der frühere Chef nun stundenweise für das Gemeinwohl und gegen das Waldsterben arbeitet, mit Drogen experimentiert und in erster Linie die neue freie Zeit genießt, löst er Unverständnis bis Entsetzen bei denen aus, die von seinem früheren Reichtum profitiert haben. Zuallererst bei der Ex-Frau und seiner Tochter, die mit dem Erbe gerechnet hat und keineswegs bereit ist, von ihrem Vater zum Downgrade ihres Lebensstandards gezwungen zu werden. Immer wieder muss sich der Ex-Chef fragen lassen, warum ihn plötzlich Bäume mehr interessieren als Profit.
Schlagfertig und vergnüglich zeigt Kevin Rittberger in seinem Stück, warum in der bestehenden Wirtschaftsordnung die Klimaziele nicht erreicht werden können, dass Arbeit ihren Zweck verfehlt, wenn sie krank macht und dass das Modell der Blutsverwandtschaft beim gegenwärtigen Stand von Medizin und Technik überholt ist. Zur Uraufführung bringt das Auftragswerk die Hausregisseurin Nora Schlocker.
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ZUM AUTOR KEVIN RITTBERGER
Geboren 1977 in Stuttgart, studierte er Neuere deutsche Literatur und Publizistik an der Freien Universität Berlin. Er ist Autor und Regisseur und arbeitete u. a. am Staatstheater Stuttgart, am Deutschen Schauspielhaus Hamburg, am Deutschen Theater Berlin, am Schauspielhaus Wien, am Düsseldorfer Schauspielhaus, am Schauspiel Frankfurt und am Schauspiel Hannover. Für die Uraufführungen von Alexander Kluges «Nachrichten aus der ideologischen Antike» am Schauspielhaus Hamburg und Dietmar Daths «Die Abschaffung der Arten» am Deutschen Theater Berlin wurde er 2010 mit dem Kurt-Hübner-Regiepreis ausgezeichnet, 2012 erhielt er den Jürgen Bansemer & Ute Nyssen Dramatikerpreis. Von 2015 bis 2018 entwickelte er die Lecture- und Performance-Reihen «Community in Progress» am Theater Basel, «Alchemie des Neuanfangs» am Maxim Gorki Theater Berlin sowie «UNL€ARNING WHITE NOISE» am Haus der Berliner Festspiele. Er ist Autor und Herausgeber der Bücher «Arglosigkeit» (2016) und «Organisation/Organisierung» (2018). Seine Stücke wurden an zahlreichen Bühnen uraufgeführt, wie u. a. «Puppen» (2011, Schauspielhaus Wien), «Kimberlit. Ein Bestiarium» (2013, Schauspiel Frankfurt), «Mulian Rescues Mother Earth» (2014, Sun Son Theatre Taipei / Taipei Arts Festival), «Peak White oder Wirr sinkt das Volk» (2016, Theater Heidelberg und Deutsches Theater Göttingen), «IKI. radikalmensch» (2019, Theater Osnabrück, nominiert für den Mülheimer Dramatikpreis 2020), «Schwarzer Block» (2020, Maxim Gorki Theater Berlin) und «Wir sind nach dem Sturm» (2022, Schauspiel Hannover). Am Residenztheater München wurde 2019 sein Diptychon «Kassandra/Prometheus. Recht auf Welt» uraufgeführt.
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