Der Riss durch die Welt
170 Fragmente einer gescheiterten Unterhaltung von Roland Schimmelpfennig170 Fragmente einer gescheiterten Unterhaltung von Roland Schimmelpfennig
Keine Pause
Ein Unternehmer im Satellitengeschäft/Kunstsammler und seine Ehefrau/Ex-Assistentin, eine junge Künstlerin/Einwanderertochter und ihr Assistent/Geliebter. Ein Wochenende in einer Villa fernab der Stadt und des Mobilfunknetzes, die Aussicht ist umwerfend, die Getränke sind reichlich, die Gespräche … zäh. In Momentaufnahmen rekonstruieren die Figuren samt Haushälterin Maria das gemeinsam verbrachte Wochenende – und dessen Krisen.
«Aber Sie müssen zugeben, der Ort ist perfekt, einen besseren Ort, um sich den Weltuntergang vorzustellen, kann man sich kaum denken.»
Ausgangspunkt des Stücks sind die zehn alttestamentarischen Plagen – Visionen von Blutströmen, Heuschrecken und Totgeburten –, die durch das Gespräch und die Fantasien der Figuren geistern. Ob das unbestreitbar gegenwärtige Desaster in der immer offensichtlicher werdenden Unüberbrückbarkeit der Lebenswelten der Beteiligten, in ihren geheimen (Alb-)Träumen oder im aktuellen Zustand der Welt besteht, liegt allerdings zwischen Weingläsern und Austern begraben. Denn was haben sich das Millionärspaar und seine Gäste aus dem Avantgarde-Prekariat jenseits der angestrebten Unterstützung für die nächste Ausstellung eigentlich zu sagen? An einen Gott, der strafend eingreift, glaubt keine*r der Beteiligten, biblische Naturkatastrophen hingegen scheinen kein so unwahrscheinliches Szenario. Ob allein zwischen den fünf Anwesenden ein tragfähiger Zusammenhalt im Angesicht des drohenden Unheils möglich sein könnte, befragt Schimmelpfennig in seiner Versuchsanordnung.
Roland Schimmelpfennig begann seine Theaterlaufbahn in München und ist heute einer der meistgespielten deutschsprachigen Gegenwartsautoren. Der Regisseur Tilmann Köhler inszeniert schnörkellos und luzide in Schauspiel wie Musiktheater und stellt sich mit «Der Riss durch die Welt» zum ersten Mal in München vor.
Zum Autor Roland Schimmelpfennig
Geboren 1967 in Göttingen, Studium der Regie an der Otto-Falckenberg-Schule in München. Seit 1996 arbeitet er als freier Autor, Regisseur und Übersetzer. Er gehört zu den meistgespielten Gegenwartsdramatikern im deutschsprachigen Raum. Seine Stücke sind in zahlreiche Sprachen übersetzt worden und werden weltweit aufgeführt. Der Regisseur Jürgen Gosch inszenierte mehrere Uraufführungen des Dramatikers, u. a. «Das Reich der Tiere» (UA 2007, Deutsches Theater Berlin) sowie «Hier und Jetzt» (UA 2008, Schauspielhaus Zürich, eingeladen zum Berliner Theatertreffen 2009). Weitere Stücke u. a. «Die Frau von früher» (UA 2004, Regie: Stephan Müller, Burgtheater Wien, Einladung zu den Mülheimer Theatertagen 2005); «Ende und Anfang» (UA 2006, Regie: Nicolas Stemann, Burgtheater Wien); «Idomeneus» (UA 2008, Regie: Dieter Dorn, Residenztheater München); «Wintersonnenwende» (UA 2015, Regie: Staffan Valdemar Holm, Royal Dramatic Theatre Stockholm); «Das große Feuer» (UA 2017, Regie: Burkhard C. Kosminski, Nationaltheater Mannheim); «Der Tag, als ich nicht ich mehr war» (UA 2018, Regie: Anne Lenk, Deutsches Theater Berlin). Schimmelpfennig inszeniert seine Dramen auch selbst, u. a. «Der goldene Drache» (UA 2009, Burgtheater Wien, ausgezeichnet mit dem Mülheimer Dramatikerpreis 2010); «Vier Himmelsrichtungen» (UA 2011, Salzburger Festspiele) und «SPAM Fünfzig Tage.» (UA 2014, Deutsches Schauspielhaus Hamburg). Seine Arbeiten wurden mehrfach ausgezeichnet. Neben zwei Opernlibretti hat Roland Schimmelpfennig auch zahlreiche Hörspiele und zwei Romane geschrieben: «An einem klaren, eiskalten Januarmorgen zu Beginn des 21. Jahrhunderts», der für den Leipziger Buchpreis 2016 nominiert wurde, und «Die Sprache des Regens».